So sehen wir die aktuelle Situation
Faktencheck:
Der vom Bundestag beschlossene Bundesverkehrswegeplan 2030 stuft den acht-spurigen-Ausbau der Bundesautobahn A4 vom Autobahndreieck Köln-Gremberg bis zum Autobahnkreuz Köln-Süd, den sechs-spurigen-Ausbau der Bundesautobahn A559 vom Autobahnkreuz Gremberg bis zum Autobahndreieck Porz und den Ausbau des Autobahnkreuzes Köln-Süd als vordringlichen Bedarf ein. Der sogenannte vordringliche Bedarf beschreibt, dass die Planungen umgehend beginnen. Die drei Ausbauprojekte werden getrennt im Bundesverkehrswegeplan beschrieben und gelten in diesem als „alternativlos“.
Zunächst wurde der Landesbetrieb Straßen.NRW mit der Planung beauftragt, seit dem 1. Januar 2021 liegt dieser Auftrag in der neugegründeten bundeseigenen Autobahngesellschaft. Alle drei einzelnen Maßnahmen werden durch die Planung und Projektierung als eine Maßnahme unter dem Namen „A4+“ zusammengefasst. Zur früh-zeitigen Bürgerbeteiligung hat Straßen.NRW ein sogenanntes Bürgerforum konstituiert. In diesem Forum sitzen von Straßen.NRW ausgewählte Vertreter-innen aus Bevölkerung und Lobbyorganisationen. Das Bürgerforum soll vorab informiert werden und so als Multiplikatorinnen in die Bevölkerung dienen. Das Forum wird durch die Autobahn GmbH fortgeführt.
Als SPD in Poll, Ensen, Westhoven bezweifeln wir, ob ein Ausbau der Bundesautobahnen A4 und A559 nötig ist.
Folgende Gründe sprechen aus unserer Sicht gegen den Ausbau:
Der Ausbau der Bundesautobahn wird logisch nur sinnvoll, wenn der Güter- und Pendlerverkehr weiter linear zunehmen wird. Straßen.NRW stützt sich dabei auf eine Straßenverkehrszählung von 2018. Nach dieser Zählung fahren aktuell 135.000 Fahrzeuge über die Rodenkirchener Brücke, im ungünstigsten Fall (kein Bau der Rheinspange) kommt die interpolierte Prognose auf 158.700 Fahrzeuge pro Tag. Die Zählung erfolgte nach Schließung der Leverkusener Brücke für den Schwerlastverkehr über 3,5t mit einer entsprechenden Sperranlage ab Ende September 2016. Nach der Wiederöffnung der Leverkusener Brücke wird ein großer Teil des Schwerlastverkehrs auf der Rodenkirchener Brücke entfallen und die kürzere Route aus dem Norden nach Köln nehmen.
Weiterhin kann in diese Prognose noch nicht das geänderte Mobilitätsverhalten der Pendler*innen eingeflossen sein. Corona zeigt deutlich, wie viel Verkehr durch eine weiter fortführende Digitalisierung der Arbeitswelt entfallen kann. Die Anzahl an Staus nahm rapide ab. Die Verkehrsinfrastruktur reichte also offenbar. Richtig ist, dass diese Verkehrszahlen nach der Beendigung der Pandemie wieder steigen werden. Von der Pandemie war der ÖPNV stärker betroffen als der motorisierte Individualverkehr. Es ist davon auszugehen, dass erstens die Menschen wieder zum ÖPNV zurückkehren und zweitens zahlreiche Homeoffice-Arbeitsplätze erhalten bleiben, also Pendlerströme sich verlagern.
Die Verkehrsprognose der Autobahn GmbH berücksichtigt ebenfalls nicht ausreichend die neue Stadtbahn-verbindung von Bonn nach Köln über Niederkassel und die Einbindung der Linie 7 an diese neue Verbindung. Denn die Fahrgastprognosen von neuen Stadtbahnverbindungen werden in den meisten Fällen durchweg übertroffen, wie Beispiele aus dem Saarland oder Ulm zeigen. Dies wird wahrscheinlich auch bei der neuen Stadtbahn-verbindung der Fall sein. Pendler werden dadurch in erheblichem Maße umsteigen und ihr Auto zu Hause stehen lassen. Die Verlängerung der Linie 7 mit einer neuen Möglichkeit den Rhein zu queren und einer schnelleren Verbindung von Porz nach Rodenkirchen konnte hingegen noch gar nicht eingerechnet werden, weil mit den Planungen gerade erst begonnen wurde.
Vollkommen unzureichend sind die Bemühungen des Bundes, den Schwerlastverkehr auf die Schiene zu verlagern und damit den Transitverkehr, der über die Rodenkirchener Brücke fließt, nachhaltig zu reduzieren. Länder, wie Österreich oder die Schweiz geben wesentlich mehr Geld für die Schieneninfrastruktur pro Kopf aus und gelten als Vorreiter. In der Schweiz ist es unter anderen üblich, die Warenlager der großen Warenverteillager des Lebensmittel-Einzelhandels an die Schiene anzuschließen und dies wird politisch gefördert. Allerdings verträgt die Schiene kaum noch einen höheren Verkehrsanteil, besonders im Knoten Köln. Denn allen großen Schienentrassen für Schienengüterverkehr fehlen die Kapazitäten und sie sind seit Jahren chronisch überlastet. Bezeichnenderweise finden sich hierzu keine Projekte im Bundesverkehrs-wegeplan. Eine konsequente Verlager-ung auf die Schiene ermöglicht erhebliche verkehrliche Nutzen. Im Zusammenhang mit den Verlagerungs-möglichkeiten wird auch die Wasserstraße Rhein weiterhin zu wenig genutzt und die Möglichkeiten des kombinierten Verkehrs geradezu mis-sachtet. Die „Allianz pro Schiene“ kritisiert diese Umstände schon seit langem. Danach fehlt es am Ausbau geeigneter Terminals und aufgrund fehlender Infrastruktur an der Bildung von längeren Zügen. Auch fehlt es an privaten Gleisanschlüssen, bzw. werden immer mehr abgebaut und somit vom Netz genommen.
Die Festlegung der Autobahn GmbH, dass erst die A4 ausgebaut werden kann, wenn Leverkusener Brücke und Rheinspange fertig sind („Junktim“), muss zur Folge haben, dass die Prognosen dann entsprechend angepasst werden. Der mögliche Ausbau in rund zehn Jahren muss zuvor hinterfragt und unter den neuen Vorzeichen untersucht werden. Die Sinnhaftigkeit des Ausbaus unter den oben genannten Bedingungen kann jedoch schon jetzt bezweifelt werden.
Neben der Prognose argumentiert der Straßenbaulastträger mit einer Studie zur Stauhäufung im betreffenden Abschnitt. Auf Nachfrage kann Straßen.NRW allerdings nicht dar-stellen, ob der Stau nun vom Autobahn-anschluss Köln-Poll, der fehlenden Kapazität der Autobahn oder vom Autobahnkreuz Köln-Süd verursacht wird. Hierzu gäbe es keine Unter-suchungen. Aus Sicht zahlreicher Nutzer *innen ist die Stauhäufung allein durch den Bau der Behelfsbrücke im Bereich Autobahnkreuz Köln-Süd zur Auffahrt auf die A555 von der A4 rapide gesunken. Daher vermuten wir, dass sich die Stautage alleine durch den ebenfalls geplanten Ausbau des Autobahnkreuzes Köln-Süd deutlich reduzieren lassen. Unklar ist auch, welchen Einfluss die Auffahrt Poll auf das Staugeschehen hat und ob dieser Aspekt von Straßen.NRW hinreichend geprüft wurde. Hierzu müssen belastbare Auswertungen erhoben und vorgelegt werden. Der Ausbau der A4 ohne eine Ursachenforschung ist problematisch, weil die finanziellen Investitionen in diesem Abschnitt enorm hoch sind und ohne empirisch nachweisbaren Nutzen sein könnten.
Neben der verkehrlichen Betrachtung, die aus unserer Sicht durch den Bund viel zu ungenau durchgeführt wurde, ist die Umwelt ein weiterer wichtiger Baustein, der gegen den Autobahnausbau spricht. Egal wie die Trassenführung zum Schluss aussehen könnte, in jedem Fall ist mit erheblichen Eingriffen in die Natur- und Kulturlandschaft zu rechnen.
Direkt am Rhein erstreckt sich ein großes Landschaftsschutzgebiet, die West-hovener Aue. Sie wird zwangsweise durch den Bau weiter verkleinert. Die damit wegfallenden Retentionsflächen für Hochwasser haben dann schlussendlich auch Einfluss auf die Kölner Altstadt und die dortigen Gefährdungen durch Hochwasser. Retentionsflächen in dieser Größe lassen sich kaum noch herstellen. Durch den Ausbau werden ebenso wertvolle knappe Naherholungsflächen zerstört, die in dieser Innenstadtnähe auch zu einer Durchlüftung und Verbesserung des städtischen Klimas beitragen.
Durch den Ausbau wird auch der letzte bäuerliche Landwirtschaftsbetrieb in Blickweite zum Kölner Dom in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht. Gerade die regionale Versorgung mit Lebensmitteln wird vielen Menschen immer wichtiger und trägt auch zu einer Reduzierung des LKW-Verkehrs bei.
Verheerend sind die Folgen für den ältesten bestehenden Wald in Köln, dem Gremberger Wäldchen. Zahlreiche Bäume werden aufgrund dieser Maßnahme gefällt werden müssen, die Gesamtfläche weiter reduziert. Für die Biodiversität, das städtische Klima und die Naherholung keine guten Nachrichten. Die Umweltfolgen durch den Bau sind enorm und beeinträchtigen das städtische Klima erheblich. Ein Ausbau ist unter diesen Bedingungen mit der Beanspruchung weiterer Flächen kaum darstellbar.
Hervorgerufen durch die geradezu apodiktische Aussage der Autobahn GmbH, dass ein Ausbau nur mit einem Abriss der Rodenkirchener Brücke einhergehen kann, spielt die Frage „Abriss oder Erhalt“ in der öffentlichen Diskussion auch aus Denkmalschutzgründen eine größere Rolle und führt zum Widerspruch gegen das Straßenprojekt. Fakt ist, dass die komplette Brücke laut. Landschaftsverband Rheinland (LVR) als eingetragenes Bodendenkmal als schützenswert gilt.
Die Diskussion um den Denkmalschutz und die Forderungen nach einem Erhalt des Brückenbauwerkes eröffnet aus unserer Sicht eine weitere Chance, Zeit im Planungsprozess zu gewinnen und vor allem mit der Forderung nach einem Erhalt der „alten Brücke“ den geplanten Autobahnausbau zu verhindern, bzw. zumindest zu reduzieren.
Vor allem aber aus verkehrs- und umweltpolitischen Erwägungen lehnen wir als SPD PollEnsenWesthoven den Ausbau der A4 ab. Wir halten den Nutzen für unzureichend untersucht. Er basiert im Wesentlichen auf veralteten Zahlen sowie konservativen Verkehrsprognosen. Es wurde weder nach möglichen Alternativen gesucht, noch wurden Anstrengungen zu einer nachhaltigen Verkehrswende berücksichtigt.