An das Amt für Stadtentwicklung

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit erheben wir als SPD-Ortsverein Poll, Ensen, Westhoven Einwendungen zum Bauprojekt „Hochpunkt Siegburger Str.“.
Die Schaffung weiterer Büroflächen im Deutzer Hafen vor allem in dem jetzt vorgeschlagenen Ausmaß haben erhebliche Auswirkungen auf den Ortsteil Poll.
Als Poller Bürgerinnen und Bürger sind wir von dieser Entwicklung in besonderem Ausmaß betroffen, weil der neue Bürostandort des Unternehmens STRABAG AG unmittelbar an den Stadtteil Poll grenzt. Mit größtem Interesse haben wir daher das Projekt bislang verfolgt und möchten mit diesem Schreiben die Möglichkeit wahrnehmen, Anregungen und Kritik an der Planung auf den Weg zu geben.
Unsere kritischen Einwendungen konzentrieren sich allem auf die geplante verkehrliche Erschließung sowie die Verschattungsproblematik durch den geplanten 60 m hohen Bürokomplex.
Grundsätzlich besteht aus unserer Sicht für die Be

auungsplanänderung zugunsten des Hochpunktes keinerlei Notwendigkeit, zumal beispielsweise in den städtebaulichen Werkstattverfahren zum Deutzer Hafen zu keiner Zeit ein solcher Hochpunkt diskutiert oder als wünschenswert gefordert worden wäre.

Verkehrserschließung:
Wie bereits in unserer ersten Stellungnahme zur Bauleitplanung am 16.09.2020 dargelegt, fordern wir zur Vermeidung einer weiteren MIV-Verkehrsbelastung einige über die Einzelbetrachtung des aktuellen Bebauungsplanentwurfes hinaus gehende Maßnahmen.
Dazu gehört zuvorderst die Stärkung eines effektiven Umweltverbunds, der ÖPNV, Radfahrer:innen und zu Fußgehende deutlich stärkt. Für eine Umsetzung im Planungsgebiet sind folgende Punkte besonders wichtig:
• Taktverdichtung auf der Stadtbahnlinie über die Siegburger Straße, auf werktäglich 5 Minuten. Die Stadtbahn ist jetzt schon jetzt überfüllt, sodass Fahrgäste an der Haltestelle Deutzer Freiheit stehen bleiben müssen. Ein solcher Zustand ist in Bezug auf attraktiven Nahverkehr nicht haltbar.
• eine zusätzliche direkte Stadtbahnverbindung über die Haltestelle ‚Deutzer Freiheit‘ in Richtung Bahnhof Köln Messe/Deutz und nach Möglichkeit weiter nach Mülheim, womit der neue Wohn- und Arbeitsplatzstandort im Deutzer Süden unmittelbar an den regionalen Bahn- und Fernverkehr angeschlossen würde.
• Prüfung einer Erschließung des Deutzer Hafens unter Nutzung der bestehenden Hafenbahntrasse unter Beibehaltung der bestehenden Strecke über die Siegburger Str., damit auch bei Störungen eine Verbindung nach Porz bestehen bleibt. Zusätzlich die Einrichtung eines Gleiswechsels an der Haltestelle Poller Kirchweg.
• Eine schnelle Umsetzung der S-Bahnlinie S16, auch im Vorlaufbetrieb, also ohne weiteren Brückenbogen. Diese Verbindung sollte zeitgleich mit der Bebauung geschaffen werden, um den neuen Bewohner*innen des Quartiers eine attraktive S Bahn-Verbindung ins linksrheinische Köln zu ermöglichen. Mittelfristig ist ein zweiter Brückenbogen für die Südbrücke aber notwendig.
• Fortsetzung des Radschnellweges von der Südbrücke kommend, weiterführend bis zur Technischen Hochschule in Deutz.
• Ausbau und besserer Schutz der Radwege auf der Siegburger Str. in Poll und Deutz. Die bestehenden Radwege sind bisher nur unzureichend gesichert und geschützt.
• Mit dem neuen Hochhaus sollen die Besitzer im Falle einer Realisierung auch angehalten werden Werkswohnungen zur Verfügung zu stellen. Durch die Kombination von wohnortnahen Arbeitsplätzen, einem attraktiven ÖPNV-Angebot sowie einer guten Fuß- und Radinfrastruktur – schon im Vorfeld (!) der Baumaßnahmen kann die Bedeutung des Motorisierten Individualverkehrs reduziert werden.
• Die Verlängerung des Rolshover Kirchwegs bis zur Rolshover Straße, sowie der Vollausbau der Anschlussstelle „Am Grauen Stein“ lehnen wir verkehrlich und städtebaulich ab. Beide Versionen werden zu einem erhöhten Verkehr auf dem Rolshover Kirchweg führen und den MIV weiter attraktivieren. Wir glauben, dass dadurch Poll nicht entlastet, sondern mit zusätzlichem Durchgangsverkehr belastet wird.
• Die Siegburger Straße in Poll sollte ebenfalls durch bauliche Maßnahmen so umgestaltet werden, dass sie dem Anliegerverkehr eine höhere Priorität einräumt und den Durchgangsverkehr deutlich reduziert. Der bisherige Vorschlag aus der Planungspräsentation ist für uns nicht ausreichend, weil er im Grunde nur den Status Quo zeigt.
• Weiter regen wir an, die Verkehrsplanungen flexibel zu halten, da sich der Mobilitätssplit der Zukunft nicht vorhersehen lässt. Wir rufen daher dazu auf, eine Planung vorzulegen, die die Stadt entsprechend anpassen kann.

Leider geht das vorliegende Mobilitätskonzept des beauftragten Ingenieurbüros Bernard Gruppe ZT nur am Rande und oberflächlich auf diese Vorschläge, die bereits im Mobilitätskonzept „Deutzer Hafen“ erörtert wurden, ein.

Nach Aussage der Verwaltung erfährt die Siegburger Str. „durch die umliegenden städtebaulichen Entwicklungen eine Verkehrssteigerung von bis zu 60 % im Vergleich zum Bestand oder bereichsweise um bis zu 9.500 Kfz/24 h (Prognose-Nullfall). Am höchsten ist die Verkehrszunahme im Bereich des Kaltenbornwegs“ (Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan-Entwurf Nr. 694333/02, Anlage 2, S. 42).
In der Planung des Bauprojekts wird eine Zunahme des Quell-/ Zielverkehrs um insgesamt 342 Fahrzeuge pro Tag prognostiziert. Dieser Mehrverkehr verschärft die bereits jetzt äußerst kritische Verkehrslage auf der Siegburger Straße. Es klingt aus unserer Sicht gerade zu naiv oder höhnisch, wenn in der Zusammenfassung der Umfeldanalyse des privaten Verkehrsgutachters dann folgendes Fazit gezogen wird:
„Die Situation für den MIV ist insgesamt als gut zu werten. Über die direkt erreichbare Siegburger Str. sind großräumig Ziele in und um Köln gut zu erreichen.“ (Mobilitätskonzept der Bernard Gruppe ZT GmbH, S. 16)
Vorhandene ÖPNV-Angebote werden als „befriedigend“ betrachtet, die Infrastruktur für den Fußverkehr als ausreichend, Bikecharing als gut, das Carsharing immerhin als „ausbaufähig“ und die Radverkehrsführung als „verbesserungswürdig“.
Mit dem abschließenden Fazit, dass die festgestellten Defizite eher in den Zuständigkeitsbereich der Stadt fallen, scheint man sich weiterer Handlungssaufträge entledigen zu wollen.

Darüber hinaus irritiert und beunruhigt uns die Aussage der Verwaltung, dass im vorliegenden Verkehrsgutachten für 2030 ein Prognosefall („Nullfall“) angenommen wird, der auf den Planfällen 2 und 3 beruht. In Planfall 3 wird u. a. der „Ausbau des Rolshover Kirchweg“ mit einer „Verlängerung bis an die Rolshover Str.“ zugrunde gelegt, um „die Veränderung des Straßenraums der Siegburger Str. mit einem sinnvollen Netzelement zu kompensieren und einen Anschluss an die Östliche Zubringer Str. mit vorhandenem Vollanschluss zu ermöglichen“ (Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan-Entwurf Nr. 694333/02, Anlage 2, S. 41 f.).
Den Planfall 3 (Ausbau Rolshover Kirchweg) wurde in der politischen Diskussion über das Mobilitätskonzept Deutzer Hafen bereits abgelehnt und sollte nicht weiterverfolgt werden, da er den Stadtteil Poll in erheblichem Maße mit zusätzlichem Durchgangsverkehr belasten würde.

Abschließend betrachtet wird im Planungskonzept zum Thema Verkehr ein umfangreiches Konvolut aus Gutachten und Stellungnahmen eines privaten Planungsbüros vorgelegt, das aus unserer Sicht eine kritische Auseinandersetzung mit den Folgen des aktuell vorgestellten Projektes außer Acht lässt bzw. nur sehr unzureichend würdigt.
In diesem Zusammenhang sei zudem angemerkt, dass sich in den aktuellen Unterlagen keine offizielle Stellungnahme des Amtes für Amt für Straßen- und Radwegebau der Stadt Köln zum Planungsprojekt Hochpunkt Siegburger Str. findet.

„Besonnungssituation“
Das bisherige Planungsrecht lässt die Realisierung Bürohochhauses mit 60 m Gebäudehöhe nicht zu. Die Änderung der Planung mit der Realisierung eines Hochpunkt führt u.a. zu signifikanten Schattenbildungen für die Anwohner von Allerseelenstraße, Rolshover Kirchweg sowie der Siedlung rund um den Efeuplatz. Aus Sicht des privaten Gutachters (Peutz Consult) wird eine Verschattungsproblematik nicht bestritten. Für die Allerseelenstraße und den Rolshover Kirchweg wird eine Verkürzung der zukünftigen Besonnung um ca. 20-25% prognostiziert. Die Aussage, dass „oftmals eine direkte Besonnung auch unerwünscht (Blendung am Arbeitsplatz)“ sei, muss in diesem Zusammenhang als zynisch empfunden werden.
Außerdem ist durch den aktuellen Baufortschritt mit realisierten sieben Geschossen im 1. Bauabschnitt des Bürobauvorhabens bereits erkennbar, dass auch die Siegburger Straße einer erheblichen Verschattung ausgesetzt wird, da auf der Westseite im Hafenareal ebenfalls Hochunkte über VII Vollgeschosse hinaus projektiert sind. Dies stellt eine erhebliche Verschlechterung für die Aufenthaltsfunktion und Qualität des öffentlichen Raumes dar, die durch nichts außer einer größeren vermarktbaren Bürofläche seitens des Bauherrn begründet ist. Die angeführte städtebauliche Begründung für das Hochhaus (Schaffung einer „Torsituation“) ist nicht nachvollziehbar. Weder wird im Nahbereich eine hierauf bezogene Platzsituation geschaffen noch ist von Süden aus Poll kommend der geplante Hochpunkt als Tor jenseits der Eisenbahnunterführung wahrnehmbar. Die planungsrechtlich gesicherte VII-geschossige Bebauung ist als Maßstabssprung zur II bis IV-geschossigen Bebauung unmittelbar angrenzend in Poll städtebaulich aus unserer Sicht qualitätsvoller am Eingang zum Innenstadtbezirk.
Kurzum: Negative Auswirkungen des Hochpunkts für die Anwohner sind unstreitig und aus unserer Sicht nicht hinzunehmen. Vielmehr erwarten wir mindestens eine vom aktuellen Bauvorhaben und Investor unabhängige Untersuchung der Klimafolgen – gerade bei steigenden Temperaturen – für die anliegenden Flächen.

Im gesamtstädtischen Interesse wäre es aus unserer Sicht zudem zielführender, sich nicht nur auf externe Gutachten zu berufen, sondern sich als kommunale Fachverwaltung unabhängig davon mit den Auswirkungen des Projekts für Klima, Umwelt und Mobilität auseinanderzusetzen. So bleibt in der politischen Sicht der Anschein einer „Gefälligkeitsplanung“ gegenüber eines Investors.

Mit freundlcihen Grüßen

Bettina Jureck
Vorsitzende

Kategorien: AllgemeinPoll

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung